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Nordkurier: Neues Medizinkonzept: Die modernen Gemeindeschwestern sind zurück

Startschuss für ein neues Modellprojekt am Crivitzer Krankenhaus. Community Health Nurses werden die medizinische Versorgung in der Region verbessern und auch Wege erleichtern. 

Mit dem Projekt LuP-Regio startet im Landkreis Ludwigslust-Parchim ein Modell zur Stärkung der medizinischen Versorgung im ländlichen Raum. Teilnehmer gesucht.

Die medizinische Versorgung auf dem Land steht unter Druck – weite Wege bis zum nächsten Arzt, alternde Bevölkerung und Fachkräftemangel. Besonders betroffen ist auch der Landkreis Ludwigslust-Parchim. Um dem drohenden Versorgungsengpass zu begegnen, setzt das Projekt „LuP-Regio“ auf ein neuartiges Konzept.

Ambulantes Versorgungszentrum in Crivitz

Kern des Vorhabens ist der Aufbau eines ambulanten Versorgungszentrums, das als Teil eines vernetzten Krankenhausmodells funktioniert und so die Gesundheitsleistungen im Einzugsgebiet des Krankenhausstandortes Crivitz deutlich zu verbessern hilft.

„Ich freue mich, dass wir endlich loslegen können. Angesichts der aktuellen Debatte zur Krankenhausreform ist es notwendig, proaktiv nachhaltige und praxisnahe Lösungen für die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum zu suchen. Mit dem Innovationsfondsprojekt ‚LuP-Regio‛ setzen wir wichtige Impulse für eine zukunftsfähige und zuverlässige Gesundheitsversorgung. Die gebündelte Expertise unserer starken Konsortialpartner ermöglicht es uns, zentrale Themen, wie Versorgungsqualität und Angebotserreichbarkeit, neu zu denken“, sagt Alexander Gross, Geschäftsführer der LUP-Kliniken.

Facharztangebot sollen gebündelt werden

Geplant ist eine wohnortnahe medizinische Grundversorgung, speziell ausgerichtet auf die Bedürfnisse älterer Menschen. Facharztangebote sollen gebündelt, Wege verkürzt und durch zusätzliche Mobilitätsdienste wie flexible Fahrdienste der Rufbusse des VLP ergänzt werden.

Moderne „Gemeindeschwester Agnes“ als Grundlage

„Ganz so neu ist der Grundgedanke gar nicht“, räumt Landrat Stefan Sternberg (SPD) ein. Früher habe es die „Gemeindeschwester Agnes“ gegeben und heute brauche es ein ähnliches Konzept. Und genau daran hat der Landkreis Crivitz gemeinsam mit den Krankenkassen und dem Krankenhaus Crivitz gearbeitet. Seit vier Jahren gibt es einen engen Austausch zwischen allen Beteiligten, viele Hürden wurden bislang gemeistert und jetzt gab es die offizielle Vorstellung.

Bund finanziert das Projekt mit 7,4 Millionen

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung hat die Förderzusage für 7,4 Millionen Euro über dreieinhalb Jahre zugesichert. Der Landkreis Ludwigslust-Parchim unterstützt das Projekt personell und das bereits seit Planungsbeginn. So wurden nicht nur Mitarbeiter in der Verwaltung, sondern auch im Crivitzer Krankenhaus eigens dafür abgestellt, um „LuP-Regio“ an den Start zu bringen.


Wir können hier zwar nicht zaubern, aber wir bieten den Patienten eine umfassende Betreuung an. Sie werden hier gesehen und sollen sich bei uns aufgehoben fühlen.Dr. Michael Lerch, Chefarzt der Inneren Medizin am LuP-Klinikum am Crivitzer See

Ein weiteres Element des Projekts ist die digitale Vernetzung mit umliegenden Kliniken. So können Patientendaten schneller ausgetauscht, telemedizinische Beratungen durchgeführt und interdisziplinäre Fallkonferenzen ermöglicht werden. „Wir können hier zwar nicht zaubern, aber wir bieten den Patienten eine umfassende Betreuung an. Sie werden hier gesehen und sollen sich bei uns aufgehoben fühlen“, erklärt Dr. Michael Lerch, Chefarzt der Inneren Medizin am LuP-Klinikum am Crivitzer See und Mitglied im Projektteam.

Prävention und Gesundheitsförderung gehören dazu

„Die Community Health Nurses koordinieren auch präventive und gesundheitsfördernde Maßnahmen für die Patienten. Wir passen uns dem Bedarf der Patienten an und kümmern uns um eine optimale Versorgung“, erklärt Krankenschwester Anja Jacobs. Sie ist ebenso Teil des Teams und übernimmt ähnliche Aufgaben wie einst Gemeindeschwestern, um einerseits Patienten bei der Behandlung zu unterstützen und andererseits Fachärzte zu entlasten.

Die Vorteile des Netzwerks fasst sie in einem Satz zusammen: „Wir bieten neben dem direkten Kontakt zum Patienten digitale Sprechstunden, Kontakt zu Fachärzten, Physiotherapeuten, Psychotherapeuten und auch der Volkshochschule — wir werden den Patienten unser Ohr leihen und unsere Kompetenz teilen.“ Nur so lasse sich auch langfristig die Gesundheits- und Lebenskompetenz stärken, ist sie überzeugt.

Zum Einzugsgebiet für das Modellprojekt gehören das Amt Crivitz, das Amt Sternberger Seenlandschaft sowie die nördlichen Gemeinden des Amtes Parchimer Umland und des Amtes Goldberg-Mildenitz. „Unsere erste große Aufgabe besteht darin, Studienteilnehmende zu gewinnen, die wir für ein Jahr medizinisch begleiten und beraten“, sagt Laura Jenssen, ebenfalls Community Health Nurse.

600 Teilnehmer werden gesucht

Start für das Projekt ist am 1. Juni. In den kommenden Wochen werden noch Patienten geworben. Der erste Start soll mit 600 Menschen aus der Region laufen, die dann von einem dreiköpfigen Health-Nurse-Team betreut werden. Die Voraussetzungen, um an dem Projekt teilnehmen zu können, sind ein Mindestalter von 18 Jahren, ein Wohnsitz in der Modellregion, sowie eine Krankenversicherung bei den Krankenkassen AOK Nordost, Barmer, DAK oder TK. Chronische oder Mehrfacherkrankungen sind kein Hindernis, eher gewünscht.

Info-Veranstaltung zum Projekt am 23. April

Für alle Interessenten bieten die Community Health Nurses regelmäßig Informationsveranstaltungen an, um über das Projekt LuP-Regio zu informieren und ihre Arbeit vorzustellen. Die erste findet am 23. April um 16 Uhr im Speisesaal der Grundschule Crivitz, Schulstraße 1, statt. Die Teilnahme ist frei.

Veröffentlicht:10.04.2025, 14:46

Text & Foto: Katja Müller

https://www.nordkurier.de

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